Wer hört Hühnergeschrei?

Armes Küken, armes Huhn  In den letzten Nummern der anima wurde die Frage diskutiert, inwieweit vegane Form der vegetarischen Ernährung Tierleid mindern kann. Wir vertraten dabei die Meinung, Milchverzicht bedeute unter den gegebenen österreichischen Verhältnissen natürlich weniger  Milchtiere; insgesamt würde sich aber  die Zahl der Tiertötungen für Nahrungszwecke nicht verringern. Dies, weil bei uns das Zweinutzungsrind (meist Fleckvieh) vorherrscht, das nicht nur der Milch- sondern auch der intensiven Fleischgewinnung dient. Anstelle der Rinder müssten Schweine, Hühner etc. ihr Leben lassen. Fiele die 800kg-Fleckvieh-Kuh und ihr Sohn, der Maststier, als Fleischquelle weg, würden die Fleischgierigen sicher nicht zum Gemüseschnitzel, sie würden zum Schweinernen oder anderem Fleisch greifen. Nur Fleischverzicht kann hier die Tötungszahlen mindern.

Wir meinten darum, es wäre klüger, statt sich angestrengt zu bemühen , Menschen gleich zum Veganismus zu bekehren, den leichteren und mehr Erfolg versprechenden Weg zu wählen,  möglichst viele Leuten vorerst einmal den Laktovegetarismus nahe zu bringen.

Diese These hat zum Missverständnis geführt, dies gelte auch für den zweiten Hauptpunkt der veganen Form der vegetarischen Ernährung, nämlich den Ei-Konsum. Beim Ei liegt es anders. Zweinutzungsrassen wurden schon vor langem aus den Zuchtprogrammen der wenigen Konzerne, die den Hühnermarkt beherrschen verschwunden; das einst als Arme-Leut’-Essen eher minder bewertete billige Suppenhuhn (altgediente Legehennen) ist, da die Masthähnchen (die erschreckende  Haltung ist bekannt) noch billiger geworden sind, aus den meisten Lebensmittelmärkten verschwunden.

Es gibt praktisch nur zwei Zuchtlinien:

- Masthähnchen, das sind in etwa fünf Wochen schlachtreif qualgezüchtete Jungtiere beiderlei Geschlechts; daneben gibt es manchmal noch viel teurere in zehn Wochen hochgemästete  Bio/Freilandhähnchen

und

- Legehennen, zu bedenklicher Hochleistung gezüchtet, die nach meist etwa einem Jahr intensiver Legeleistung im Alter von etwa eineinhalb Jahren getötet und meist als Tierfutter verwertet werden. Die männlichen Küken werden wenige Tage alt  auf mehr oder minder unschöne Art vernichtet. (Neuerdings laufen einige Versuche mit neuen Zweinutzungsrassen; die Frage: Ist es für ein männliches Küken erstrebenswert, nicht gleich sterben zu dürfen sondern nach zehn Wochen den harten Weg zum Schlachter antreten zu müssen?)

Das Fleisch der Legehennen spielt für die menschliche Ernährung praktisch kaum mehr eine Rolle.

Wer Ei isst, ist also für den Tod der Legehenne nach kurzem häufig wenig schönem oder sogar qualvollem Leben und für den Tod   der männlichen Küken verantwortlich. Wer das nicht will, darf kein Ei essen, auch kein Freilandei. Gute Freilandhaltung bringt den Hennen zwar ein leichteres Leben und ist natürlich der Bodenhaltung und gar der Käfighaltung entschieden vorzuziehen, am Tod der Henne nach in der Regel eineinhalb Jahren und am Tod des männlichen Kükens kann sie nichts ändern.

Es bleibt daher bei unserem alten Slogan:

Ei?  Besser kein’s, aber wenn schon ein’s,
dann das Freilandei, abernur
mit dem Kontrollsiegel: TIERSCHUTZGEPRÜFT (in Österreich)

der Herbstnummer der anima (anima Nr. 3/2014. Weitere Artikel aus dieser Nummer hier unter vegetarisc.org und unter www.vegetarier.at