Woran stirbt das Recht?

(aus anima Nr.1/2016, Seite 18): Vielleicht meinen Sie, wir beschäftigen uns zu viel mit der Justiz. Der Grund ist, die Jus­tiz beschäftigt sich so viel mit Tierschützern.

Der Begriff „Totes Recht“ dürfte bekannt sein. Er bezeichnet gültige Gesetze, die außer Gebrauch gekommen sind oder gar nicht in Gebrauch. Totes Recht, das legt die Frage nahe, woran ist denn das arme Recht gestor­ben? Da gibt es den Fall, dass der Regelungs­gegenstand verschwunden ist. Klar, wenn der Brauch zur Säuglingsfütterung eine Amme zu halten, abgekommen ist, verstaubt die Am­menordnung in einem vergilbten Folianten. Doch wie kann ein Gesetz sterben, wenn sein Gegenstand noch springlebendig herumläuft?

Nehmen wir ein Beispiel. Die Strafprozess­ordnung gibt dem Angeklagten das Recht nach der Vernehmung eines jeden Zeugen zu dessen Aussage Stellung zu nehmen. Das hemmt natürlich den zügigen Prozessverlauf und ist weitgehend totes Recht. Warum? Der Verteidiger sagt seinem Mandanten, lassen’s das, Sie wollen doch lieber nur drei Monate bedingt kriegen als fünf Monate unbedingt. Also. dann reizen’s mir den Richter nicht. Ein Richter hat viele Möglichkeiten, einen Angeklagten fertig zu machen.

Nur wenige haben da den Mut, z.B. die Ange­klagten im Tierschützerprozess, auf Wieder­belebung zu bestehen. Sie konnten das, ge­deckt durch das grelle Licht der Öffentlich­keit und breite Sympathien in der Bevölke­rung, doch welcher Angeklagte sonst hat das schon. Selbst im Tierschützerprozess folgte die Richerin, schenkt man den Zeitungsbe­richten Glauben, wohlwollend gesagt hier nur sehr zögerlich dem Gesetz.

Ein andere Fall. Da steht in der StPO: einem Angeklagten, der sich nicht schuldig erklärt, hat der Richter zu eröffnen, daß er berechtigt sei, der Anklage eine zusammenhängende Er­klärung des Sachverhaltes entgegenzustel­len.“. Und dann steht in einem Prozessbericht einer Zeitung: ‚Zuvor fordert er (Anm. der Angeklagte, der sich nicht schuldig bekannt hat) sein Recht, eine „geschlossene Erklä­rung“ abzugeben. „Nein“, sagt da der Rich­ter: „Ihre geschlossene Erklärung ergibt sich aus Ihren Antworten auf meine Fragen.“’

Unwichtige Kleinigkeiten, werden Sie ielleiht sdagen. RichtigNun kann man sagen, das sind bedeutungslose Kleinigkeiten, mag sein, doch werfen sie ein eigenrtiges Licht uaf die Geichtskultur und kann manchmal der Pro­zessausgang von Kleinigkeiten abhängen

Kleinigkeiten, es gibt Wichtigeres, , werden Sie vielleicht sagen. Richtig, doch mancher Prozessausgang hängt an Kleinigkeiten, auch eine unscheinbare Wunde kan zum Tod füh­ren.

Natürlich, in jeder Pflege gibt es Probleme, ob in der Rechtspflege, ob in der Kranken­pflege. In der Rechtspflege ist der Justizmi­nister, männlich oder weiblich als Institution für die Rechtspflege zuständig. Leider pflegt er es nicht immer. Und so stirbt das arme Recht. Schade.

E.L.

Für die anima 2012 geschrieben, wegen ,Platzmangels damals nicht veröffentlicht.