Ausweispflicht für Demonstranten?

Die folgende am 22.Dezember 2015 an die österr. Innenministerin  Johanna Mikl-Leitner gerichtete Anfrage blieb bisher unbeantwortet: Ein YouTube-Film über einen Polizeieinsatz am 8.Dezember in der Wiener Rotenturmstraße anlässlich einer Demonstration vor einem Pelzgeschäft veranlasste Seher uns zu kontaktieren: Sie zeigten sich erschüttert und empört über die polizeiliche Vorgangsweise bei der Festnahme eines Mannes, die sie als unnötig brutal empfanden.

Nach einer VgT-Darstellung hatte sich einer der ca. sieben Demonstranten geweigert, seine Personalien bekanntzugeben, war deshalb festgenommen und hierbei wie im Film dargestellt zu Boden gebracht worden. Später seien  ihm im Polizeigewahrsam zwangsweise Fingerabdrücke und DNA-Probe abgenommen worden; er sei wiewohl er eingeschüchtert schließlich Name und Adresse genannt habe, erst Stunden später um etwa halb drei Uhr in der Früh aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.

Unsere Leser interessieren in diesem Zusammenhang u.a. folgende Fragen.

1. Es ist nachvollziehbar, dass sich ein Geschäftsinhaber und seine-Angestellten durch eine Demonstration, bei der auch Slogans gerufen werden (Ob das hier der Fall war, wissen wir nicht) gestört oder gar in Furcht versetzt fühlt. Weshalb wird dann eine Demonstration unmittelbar vor dem Geschäft zugelassen und nicht ein gewisser Sicherheitsabstand vorgeschrieben?

2. Ist ein Teilnehmer einer behördlich zugelassenen Demonstration verpflichtet, sich gegenüber der Polizei auszuweisen bzw. diese berechtigt dies zu verlangen?
Den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, die ja vermutlich einen Kompromiss zwischen Sicherheitserwägungen und Freiheitsrechten darstellen konnten wir dies nicht entnehmen. Immerhin ist in der Verfassung ausdrücklich mit gutem Grund die „geheime” Wahl festgeschrieben und Ausweispflicht für Demonstranten läuft faktisch auf Einschüchterung und indirekte Abwürgung des Demonstrationsrechts hinaus.

3. In der Vergangenheit ist es wiederholt bei Festnahmen für Laien unverständlich zu Knochenbrüchen gekommen. Weshalb muss ein Festgenommener, der keinen aktiven Widerstand leistet, so oder so zu Boden gebracht werden? Gibt es keine gelinderen Mittel oder ist die Polizei nicht verpflichtet, das jeweils gelindeste zum Ziel führende Mittel anzuwenden?.

4. Ist es gesetzlich zulässig, einem Demonstranten, dem nichts als Ausweisverweigerung ob zu Recht oder zu Unrecht zur Last gelegt wird, Fingerabdruck und DNA-Probe abzunehmen?

5. Falls die Behauptung über die späte Entlassung richtig sein sollte, wie wird diese begründet? Ich weiß nicht, wie weit der Haftort von der Wohnung des Festgehaltenen entfernt ist, und ob Entlassung zur Zeit des Ruhens des öffentlichen Verkehrs Härte oder Entgegenkommen ist. Wenn ich mich recht entsinne, hat einmal die Gestapo einem Häftling, den sie auch so um drei Uhr früh entlassen wollte, zugestanden, bis zum Morgen in der Zelle zu bleiben.

Wir möchten unseren Lesern objektiv berichten und wären Ihnen daher, sehr geehrte Frau Bundesministerin, für die Darlegung des Falles aus polizeilicher Sicht und die Mitteilung der Rechtslage und  Ihres Standpunkts dankbar.

anima-Redaktion