Veggie Day in Graz

 

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP)  will in Graz, einer stadt mit rund 300.000 Einwohnern, den Veggie Day einführen . Am 11.April  wird der Gemeinderat  darüber entscheiden. Jeden Mittwoch sollen in den rund siebzig Betrieben, Anstalten  etc., Schulen und Kindergärten nur vegetarische Speisen ausgegeben werden. Ähnlches hatten schonf vor Jahren die Grazer Grünen gefordert und waren gescheitert. Interessant das diesmal der vorschlag von der eher konservativen Seite kommt.  Der Klima wandel steht Pate. Im Grazer Landeskrankenhaus gibt es den vegetarischen Tag schon seit zwei Jahren, ursprünglich mit etwas Murren begleitet, jetzt voll anerkannt.

Wo sind die Zeiten, als es in den meisten Familien noch fünf oder sechs vegetarische Tage in der Woche gab. Nur mehr Alte können sich daran erinnern. Die Össterreicher essen zu viel Fleisch, insbesonders die männlichen, sagt der letzte: Österr.Ernährungsbericht (2017):

“Im  Gegensatz zu Fisch”werden bei Fleisch und Fleischprodukten die empfohlenen drei Portionen (a 150 Gramm= wöchentlich  von beiden Geschlechtern deutlich übertroffen. Männer konsumieren zwischen 128 und 188 g pro Tag (ent- sprechend rund 900 bis 1320 g pro Woche) und überschreiten die empfohlene Menge von maximal 300 bis 450 g um etwa das Dreifache. Frauen essen deutlich weniger Fleisch und Fleischprodukte, liegen aber mit einem wöchentlichen Konsum von 483 bis 546 g ebenfalls über diesen Empfehlungen – wenn auch nur geringfügig. …

Für die Zufuhr von Eiern wird eine Empfehlung von drei Stück pro Woche ausgesprochen, was etwa 180 g Ei entspricht. Auch diese Empfehlung wird von Männern mit 217 bis 252 g deutlich überschritten, während Frauen mit 161 bis 217 g im Bereich dieser Empfehlungen liegen. …”

Die Zahl  der Vegetarier (Lakto/Ovo und vegan zusammen) beträgt laut statistischen Erhebungen  derzeit etwa 6 %. allerdings werden auch andere Zahlen kolportiert. Dle Zahl der Veganer wird auf rund 1 % geschätzt.

Hier noch ein kleiner Rückblick. Im Herbst 2013 stand in der anma:

Gib uns unser tägliches Brot!
Oder unser tägliches Fleisch?

Auf Seite 164 des im April beschlossenen Wahlprogramms der deutschen Grünen für die heurige Bundestagswahl steht:
„ Unsere Konsumentscheidungen prägen die Welt. Das zeigt sich besonders beim Thema Fleischkonsum. Pro Kopf und Jahr essen wir Deutsche rund 60 Kilo Fleisch. Dieser hohe Fleischverbrauch birgt nicht nur gesundheitliche Risiken. Er erzwingt auch eine Massentierhaltung, die auf Mensch, Tiere und Umwelt keine Rücksicht nimmt. Deshalb fordern wir mehr Verbraucheraufklärung zu den gesundheitlichen, sozialen und ökologischen Folgen des Fleischkonsums. Öffentliche Kantinen sollen Vorreiterfunktionen übernehmen. Angebote von vegetarischen und veganen Gerichten und ein „Veggie Day“ sollen zum Standard werden. Wir wollen ein Label für vegetarische und vegane Produkte.“
Das war nicht neu. So hatte es die Partei schon ein paar Jahre zuvor festgelegt. Unbeachtet schlief der Text im 320 Seiten dicken Wahlprogramm bis Anfang August, Veggie Day, fleischloser Tag:
Empörung beim Boulevard
als ein Redakteur des Massenblattes „Bild-Zeitung“ dringend einen die Volkseele aufwühlenden Aufmacher suchte und abseits der Wahrheit titelte: „Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten“. Da war dann der Teufel los. Die CDU griff das Thema auf, vergaß, das namhafte Politiker ihrer Partei selbst „weniger Fleisch“ gepredigt hatten, und vor allem die FDP zog aus, das Menschenrecht auf unentwegten Fleischgenuss zu schützen, „Mein Bauch gehört mir“. In Internetforen tobte der Volkszorn, besonnene Medienkommentare blieben in der Minderzahl. Bild berichtete eifrig: „So lacht
Deutschland über die Gaga-Idee der Grünen“. Die Wahlen verliefen nicht gut für die deutschen Grünen – unsere grüne Frau Glawischnig, selbst lange Jahre Vegetarierin gewesen, hatte sich rasch distanziert von der deutschen Idee.
Ein Gutes hatte das Ganze. Das vor allem von Vegetarier-Organisationen und Klimabesorgten propagierte Veggie Day-Projekt „ein fleischloser Tag in der Woche“ siechte bisher mehr oder minder dahin. Jetzt kennt es wenigstens in Deutschland fast jeder. Neuen Ideen geht es häufig so: Zuerst ein emotionaler Aufschrei: „Das darf es doch nicht geben“, dann wenn sich die Gefühlswogen legen, ruhiges Nachdenken und die Erkenntnis: Das ist ja eigentlich eine vernünftige Idee. Seit Jahren fordern kompetente Wissenschaftler Minderung des Fleischkonsums, aus gesundheitlichen, ökonomischen, ökologischen Gründen. Die Viehwirtschaft ist in hohem Maße am Klimawandel mitbeteiligt. Es braucht halt Zeit, bis wissenschaftliche Erkenntnisse Allgemeingut werden.
Nebenbei, ein fleischloser Tag ist nichts Neues (in der anima Nr.3/2010 haben wir uns mit dem Thema ausführlicher befasst). Aus Armut gab es in vielen Familien sechs fleischlose Tage in der Woche; Fleischabstinenz am Freitag war bis vor einigen Jahrzehnten Christenpflicht, wenigstens im katholischen und orthodoxen Bereich, allerdings teils pervertiert zum Fischkonsum. In Speisekarten vieler unserer Restaurants und Kantinen wirkt das bis heute nach.
Lassen wir uns nicht entmutigen, schließlich wird Vernunft siegen.
Weiter voller Einsatz für den Veggie Day!