Ein Bischofswort zu Mensch und Tier

Der römisch-katholische Erzbischof von Berlin  Reiner Koch  (etwa 9 Prozent der Berliner sind Katholiken) hatte am 20. Jänner in seinem von Radio RBB ausgestrahlten (wöchentlichen) “Bischofswort” anlässlich der Grünen Woche  herbe Kritik an der Behandlung der Nutzttiere geübt  (“Wir können die Augen nicht verschließen vor katastrophalen Zuständen in den großen Tierfabriken ….”) und an die Konsumenten appeliert, ihrer Verantwortung bewusst zu sein (“…  Aber auch jeder einzelne von uns kann dazu beitragen, dass die Tierquälereien weniger werden.  …”).  Die klaren Worte führten teils zu Empörung in  Tierproduktionskreisen, was den Bischof zu einer weiteren Stellungnahme veranlasste. Die Texte sind auf der website des Erzbistums veröffentlicht: http://www.erzbistumberlin.de/medien/rundfunk/wort-des-bischofs/radiowort/datum/2017/01/20/die-gruene-woche-und-die-tierhaltung/

Sie lauten:

26. Januar 2017 Erzbischof Dr. Heiner Koch

Das “Wort des Bischofs” vom 20. Januar 2017 hat zahlreiche Reaktionen hervorgerufen. Erzbischof Koch nimmt hierzu wie folgt Stellung:

“Vielen Dank für Ihre Reaktion auf mein Radiowort im rbb zum Thema „Grüne Woche“ und Tierhaltung.

Unverständnis, Ärger und Empörung, die Sie darin zum Ausdruck gebracht haben, machen mich betroffen. Dass Sie sich durch meine Worte beleidigt oder verunglimpft fühlen, bedaure ich sehr, denn es war keinesfalls meine Absicht.

Es ist mir bewusst, dass die allermeisten Landwirte mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein vor Gottes Schöpfung und damit auch vor den Tieren ihre Arbeit tun. Hinweisen wollte ich darauf, dass ein verantwortliches Management bei der Tierhaltung gerade in Achtung der uns von Gott anvertrauten Schöpfung genauso notwendig ist wie ein verantwortliches Verhalten bei den Verbrauchern:

Wir müssen unsere Lebensmittel, insbesondere Fleisch, und die, die es für uns herstellen, wieder mehr wertschätzen.

Dass die Katholische Landvolkbewegung Deutschland und die Katholische Landjugend schon sehr viel im Miteinander von Landwirten und Kirchen erreicht haben, ist mir bekannt. In den Reaktionen habe ich auch erfahren, dass viele Landwirte ihrer Kirche eng verbunden sind. Dafür bin ich dankbar.

Ein solcher Dialog, aber auch der Dialog mit dem Landwirtschaftsministerium und anderen Akteuren auf dem Land, ist sehr wertvoll und wichtig. Er wird auch aktuell bei der „Grünen Woche“ in Berlin weiter geführt. Diesen wollte ich nicht gefährden.

Für Ihre Arbeit und Ihr Engagement danke ich Ihnen herzlich.”

Hier der ursprüngliche Text, wie er im rbb gesendet wurde:

Tausende Besucher werden an diesem Wochenende zur Eröffnung der Grünen Woche in Berlin erwartet. Sie lassen sich beeindrucken von den neuesten Errungenschaften aus Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie. Zu den Publikumsattraktionen gehören auch der Erlebnisbauernhof und die Tierhalle.

Dort sind prächtige Rinder zu bestaunen, herausgeputzt und preisverdächtig, artgerecht gehalten auf großzügigen Weiden. Die Wirklichkeit sieht aber viel zu oft ganz anders aus: Wir können die Augen nicht verschließen vor katastrophalen Zuständen in den großen Tierfabriken, die es auch hierzulande gibt. Schweinemäster, deren Tiere nie Tageslicht sehen. Sie behandeln die Kreatur wie ein technisches Fließbandprodukt und schlachten die Tiere unter unsäglichen Bedingungen. Rinderzüchter, die ihren Tieren brutal Gewalt antun, indem sie sie auf tausende Kilometer lange Transporte durch halb Europa schicken.

Die viel zu großen Mastbetriebe, die einzig und allein auf den Profit setzen, verursachen täglich aufs Neue unsägliches Leid an der Kreatur. Und wer Tiere als Ware missbraucht, schreckt auch vor weiterer Rücksichtslosigkeit nicht zurück: Grundwasser wird verseucht und Billiglöhne sorgen für ein modernes Sklaventum.

Davon ist in der Hochglanzwelt der Grünen Woche kaum die Rede. Aber wir als Konsumenten sollten hellhörig sein. Freiwillige Verpflichtungsmaßnahmen und Qualitätssiegel der Erzeuger sind ein erster Schritt in eine bessere Zukunft. Aber auch jeder einzelne von uns kann dazu beitragen, dass die Tierquälereien weniger werden. Durch eine Änderung unserer Mentalität: Wenn es um Tiere geht, sollten wir uns nicht als „Verbraucher“ verstehen. Denn hier gibt es nichts zu verbrauchen, sondern hier gilt es, die Würde der Geschöpfe zu achten, auch wenn sie uns zur Nahrung dienen.

Als Noah seine Arche baute, wollte er auf die Tiere nicht verzichten. Er sah sich in einer Schicksalsgemeinschaft mit ihnen. Der Heilige Franz von Assisi nannte die Tiere seine Schwestern und Brüder. Und Papst Franziskus bezeichnet sie als dem Menschen seelenverwandt. Jegliche Grausamkeit gegenüber irgendeinem Geschöpf „widerspricht der Würde des Menschen“ (Enzyklika Laudato Si)

Ich wünsche Ihnen ein erholsames und segensreiches Wochenende.