Kälber quälen, Konsumenten täuschen?

Die AMA, die Zwangsorganisation Agrarmarkt Austria, versorgt uns mit ganzseitigen Zeitungsinformationen: z.B. wie gut es Milchkühen geht. Das ist schön. Nicht ganz so schön ist, dass sie uns häufig nicht alles erzählt. Etwa dass Heumilch-Kühe zwar keine Silage aber wie die anderen viel Getreide essen müssen, eine Kost für die Kühe eigentlich nicht eingerichtet sind; dass sie zwar  Heu aber häufig keine Wiese sehen dürfen; dass sie hochgezüchtet teils gar nicht mehr weidetauglich sind – zu viel schweres Fleisch für die Gelenke der  üblichen Zweinutzungstiere  (Milch/Fleisch)  – und ihre Lebensdauer gegenüber einst kurz geworden ist.

Immerhin, wer Milch kauft, kann wählen. Milch von Weidekühen gibt es zB bei Hofer: Zurück zum Ursprung und bei Merkur: Die grüne Muh.

Im Verborgenen bleibt das Schicksal der meisten Kälber: rasch der Kuh entzogen, knapp zwei Monate Einzelhaft, häufig  im Iglu, der Kälberhütte (gerade so bemessen, dass sich das Tier zur Not umdrehen kann: mit einem Vorplätzchen (bei Stallhaltung keines) genau so klein; siehe Bilder); fern der Mutter  und das für springlebendige Kinder; später Gruppenhaltung nicht minder beengt. Tränke: zweimal täglich Milchaustauscher, nur bei sehr hohen Temperaturen ständiger Zugang zu Frischwasser.

Noch viel betrüblicher ist das Schicksal zehntausender Kälber vor allem reiner Milchrassen: Es geht in südliche Länder, wo man es mit den ohnedies dürftigen EU-Tierschutz-Regeln nicht immer so genau nimmt – keine Vergnügungsfahrt. Eingepfercht in dreistöckige Transporter, häufig  ohne ausreichende Tränke auch bei sengender Hitze. Manchmal bis zu 2.5000 km, 90 Stunde – zur Mast. Prügelszenen bei der Verladung zeigte kürzlich das Fernsehen aus einer VgT-Recherche.

In England gab es vor 20 Jahren fast einen Volksaufstand gegen solche Kälbertransporte auf den Kontinent – niedergeknüppelt (siehe Seiten 15/16).

Menschen mit Herz würden für Milch aus kälberfreundlicheren Betrieben gern etwas mehr zahlen, wie beim Freilandei. Sie können nicht, sie haben keine Wahl. Weil alle Milch in einen Topf geschüttet wird. Was tun? Milchverzicht, die Radikallösung, findet zu wenig Anklang und bedeutet praktisch wegen der Verschränkung von Milch und Fleischerzeugung (wir haben es in den letzten Nummern erörtert) ein Mehr an Schweine- und Hühnerqual.

Als praktikable Lösung bleibt nur: mehr Wahlmöglichkeit für die Konsumenten.

Unsere Bemühungen Landwirtschaftspolitik und Bauernkammer dafür zu interessieren, hier auch tierschutzmäßig bessere Milch auf den Markt zu bringen, blieben bisher ohne nennenswerte Resonanz. Erfolgsaussichten  gäbe es nur, wenn möglichst viele Verbraucher immer wieder lästig werden, gegenüber Bauernfunktionären und vor allem auch gegenüber dem (Bio-)Lebensmittelhandel.

Also, liebe tierfreundliche Konsumentinnen und Konsumenten, unser Appell: Versuchen Sie es! Fragen Sie, wie es den Kälbern geht, deren Mütter Milch Sie kaufen.

aus anima Nr.4/2014/15