Warum lässt uns der Handel frieren?

 Zumindest an den Fingern      Verstecktes in Lebensmitteln

 Ein Brief an die Handelketten spar und Billa  so vor zwei Jahren:

 

„Was ich Sie schon immer fragen wollte: Warum lassen Sie Ihre Kunden frieren, an den Fingern, wenn sie tiefgekühltes Rotkraut kaufen wollen? Es gibt rund eine Viertelmillion  Österreicher, Moslems nicht gerechnet, die Schweinefett (wie auch Schweinefleisch und Fleisch überhaupt) meiden.

 

Nun bieten Sie Rotkraut ohne aber auch mit Schweinefett an. Das steht aber nur im Kleinstgedruckten. Das heißt, ihre Kundschaft muss die Ware aus der Vitrine nehmen, das Packerl lange herumdrehen, bis sie die Inhaltsangabe findet, dann eine Lupe nehmen und mühsam das Kleingedruckte entziffern. Das nun braucht eine Weile, dabei frieren die Finger und außerdem entweicht die kostbare Kälte. 

 

Noch schlimmer, es geht nicht nur um Rotkraut. Leuten, die in Rotkraut Schweinefett verbergen, ist zuzutrauen, das auch anderswo zu tun, in Erbsen, Spinat, Karotten und was weiß ich für Gefriergemüsen. Das heißt, der Kunde muss alle Gemüsepackungen endlos herumdrehen und die Inhaltsangabe zu entziffern trachten.

 

Dabei ginge es viel einfacher. Sie könnten auf die Packungen groß „mit Schweinefett“ draufschreiben lassen. Sie lassen ja auch bei Katzenfutter draufschreiben: „mit Rind“, „mit Geflügel“ usw.; obwohl davon nur lächerliche 4 % drinnen sein müssen.

 

Oder Sie versehen Ware ohne Schweinefett einfach deutlich mit einem „vegetarisch“-Zeichen, sei es dem der Europäischen Vegetarier Union oder – wenn Sie keine Kontrolle möchten – einem selbst erfundenen, oder schreiben einfach „rein pflanzlich“ drauf.“

 

Billa reagierte nicht, spar teilte mit, den Brief dem Einkäufer weiterzuleiten. Das war’s.

 

Man sieht, Vegetarier, ob lakto/ovo  oder vegan haben es schwer in den Geschäften. Nur wenige Firmen sind so nett, Produkte als vegetarisch oder vegan zu kennzeichnen,

 

Bei deklarationspflichtigen Zutaten können Scharfäugige mit Glück Erkenntnis aus dem Studium der kleinstgedruckten Zutatenliste gewinnen. Doch nicht alles ist deklarationspflichtig. Bestimmte Hilfsmittel wie Cystein als Mehlbehandlungsmittel, Gelatine zur Wein/Säfteklärung z.B nicht.

 

 Heimtückisch ist es, wenn aus der angegebenen Bezeichnung nicht oder nur für Eingeweihte hervorgeht, dass Tierisches drin sein kann oder ist. Das gilt für manche Vitamine und (andere) nur mit E-Nummern bezeichnete Zutaten oder bei Kosmetika für lateinische Bezeichnungen. Der Normalkonsument ahnt nicht, was sich dahinter verbirgt. Wissen Sie, dass sodium tallowate schlicht Rindertalg bedeutet – ein paar befragte Apotheken- und Drogerieangestellte wussten es nicht. Auch wenn ein Zusatzstoff sowohl aus Tierischem als auch aus Nichttierischem hergestellt werden kann – z.B.  Lab zur Käsebereitung – bleibt der Konsument der Dumme.

 

Gibt es bei verpackter Ware wenigstens eine Zutatenliste, die etlichen Aufschluss geben kann, fehlt das beim Verkauf offener Ware zur Gänze. Gerade bei Brot- und Backwaren, die wie häufig Fettstoff enthalten ist dies ungut; Schweinefett oder pflanzliches? Die Verkäuferin ist häufig unbedarft.

 

Unsere Bemühungen, Ministerien und Handelsketten zu bewegen, blieben bisher erfolglos. Unlängst hat sich der ORF der Sache angenommen, bisher auch ohne Reaktion.

 

Was tun? Wenn die Spitze unbeweglich bleibt, hilft nur Basisarbeit. Wenn viele Konsumenten immer wieder mit Fragen nerven, in der Filiale und der Zentrale, werden die Händler einlenken aus Selbsterhaltungstrieb. Also fragen, fragen …

aus anima 4/2012