Ein Krimi – kein Krimi ?

aus anima Nr.3./2012 vom 20.9.2012: Tierschutzminister Stöger und das Schächten -  still undleise wiede ohne Betäubung? Vor Jahren gab es heftige Kontroversen zum Thema Schächten. Die Forderung des Tierschutzes „kein Quälen“ und der religiös festgeschriebene Brauch zweier Religionsgemeinschaften standen gegeneinander. Schließlich kam es mit dem § 32 Tierschutzgesetz 2005 zu einem Kompromiss: rituelles Schächten nur mit Bewilligung und bei nachträglicher Betäubung. Und es war Ruhe. Bis jetzt der zuständige Gesundheitsminister Stöger einen merkwürdigen Gesetzentwurf auf den Weg brachte. Der soll der Anpassung an das EU-Recht dienen. Die EU hatte 2010 – auch mit der Stimme des Ministers – eine Schlachtverordnung erlassen. Die erlaubt das rituelle Schächten ohne Beschränkung, stellt den Ländern  jedoch frei, strengere Bestimmungen beizubehalten. Sie müssen es nur der EU melden.

Nun sollte man meinen, im Anpassungsgesetz steht dementsprechend: der § 32 wird beibehalten. Nichts dergleichen. Dort heißt es in den Erläuternden Bemerkungen: der § 32 wird durch das neue EU-Recht verdrängt. D.h. er ist pfutsch – Schächten ist wieder bedingungslos erlaubt.

Nein, sagt jetzt der Minister den empörten Tierschützern, Ich schreibe der EU einen Brief, wir bleiben beim § 32, das genügt.

Juristen bezweifeln, dass ein Ministerbrieferl ein Gesetz ersetzt. Will der Minister nur beruhigen und dann sagen, was kann ich dafür, wenn die Gerichte Strafbescheide wegen unerlaubten Schächtens aufheben?

Folgendes macht stutzig. Die EU-Verordnung wurde vor zwei Jahren verlautbart und tritt am 1. Jänner 2013 in Kraft. Das Schreiben des Ministeriums, mit dem der Entwurf des Anpassungsgesetzes vesandt wurde, trägt das Datum 23.April 2012, langt bei den Adressaten  aber erst am 16. August ein, bei Mitgliedern des Tierschutzrates noch viel später. Wo war es dazwischen? 16. August – mitten  in der Urlaubszeit, dazu  Antwortfrist 10. September.  Der Tierschutz ist in kleine Vereine zersplittert. Die haben keinen juristischen Präsenzdienst, dem sofort etwas auffällt – das Wort Schächten kommt in den Papieren gar nicht vor.

War etwa der Gedanke, wir bringen das still und leise über die Bühne, die Tierschützer werden schon nichts merken? Und wenn sie aufwachen, ist der § 32  schon weg und wir sagen nach bewährter Manier: EU-Verordnung, da kann man leider nichts machen. Hat da jemand – Hardliner gibt es immer – dem Minister eingeflüstert, er dürfe um  Schwierigkeiten zu vermeiden, auf der Ausnahmeregel für Österreich  nicht beharren. Ich kann es nicht glauben.

Andererseits, als das Europaparlament  die Kennzeichnungspflicht  für Schächtfleisch in den Lebensmittelmärkten verlangte, damit es den Konsumenten nicht unterjubelt werden kann, hat Stöger das im EU-Ministerart gemeinsam mit den anderen Ministern abgelehnt.

E.L.