Nur ein Hund

Was ist unserer Innenministerin das Leben eines Hundes wert?

50 Polizisten im Einsatz. Erfolgsbilanz: ein toter Hund und eingeschlagene Türen.

Vor ein paar Wochen stürmten ca. 50 Cobrabeamte im Waldviertel/NÖ die Wohnungen angeblich Verdächtiger im Falle der vor vier Jahren verschwundenen Julia Kührer. Ergebnis: die drei als verdächtig Festgenommenen wurden noch am selben oder nächsten Tag vom Haftrichter freigelassen, der Haushund eines der Betroffenen, der als die Cobra die Wohnungstür eintrat, möglicherweise die Zähne fletschte, erschossen. Muss das sein?

Dazu eine Anfrage an unsere Innenministerin Frau Dr. Maria Fekter:

Sehr geehrte Frau Bundesministerin,

Ein Hund hält gesund, haben wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen, ein Vorteil nicht nur für den Hundehalter sondern auch für Gesellschaft und Volkswirtschaft, meinte kürzlich der Zoologe Kurt Kotrschal in der Wiener Presse.

Es steht auch außer Streit, manchmal muss ein Mensch verhaftet werden. Zu Zeiten der Gestapo genügten dazu meist zwei Beamte. Heute gibt es dafür die Cobra. Sie kommt mitunter im Morgengrauen durch die geschlossene Wohnungstür, reißt Menschen aus den Betten, hält ihnen die Pistole an den Körper, so zumindest der eine oder die andere Betroffene.

Das muss wohl so sein, wir leben ja nicht mehr in Gestapozeiten, in einer menschenverachtenden Diktatur, bei uns gelten Menschenrechte und wie heißt es so schön im Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit: Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln.

Mein Brief bezieht sich aber nicht auf die Sinnhaftigkeit manches Cobra-Einsatzes und Gebarens aus der Sicht der Menschenrechte und der Verwaltungsökonomie – wenngleich da die Verständnisfähigkeit manchmal sehr strapaziert wird: weshalb ein solcher Aufwand gegenüber Bürgern, von denen nach menschlichem Ermessen Widerstand gegen die Staatsgewalt nicht zu erwarten ist? Würde die Spezialeinheit gegen alkoholisierte Randalierer bei Wirtshausraufereien eingesetzt, wäre das eher begreiflich.

Meine Frage gilt den Hunden. Es gibt etwa eine Million davon in Österreich, meist Heimtiere in enger Hausgemeinschaft mit Menschen, geliebte Mitbewohner. Und es gibt viele Cobra-Einsätze, laut wikipedia 468 Festnahmen, 163 Hausdurchsuchungen allein im vergangenen Jahr. Dass Cobra und Hunde zusammentreffen, ist daher sehr wahrscheinlich. Und dass manche Hunde ihrer Art entsprechend Eindringlingen gegenüber, mögen die auch gesetzlich befugt sein, eine drohende Haltung einnehmen, auch.

Das hat wie sicher bekannt unlängst zur Tötung eines Hundes geführt, vielleicht weil man die Cobra-Leute diese Art des Verkehrs mit Hunden gelehrt hat. Obwohl es anders ginge. Hunde ruhig zu stellen, ist keine große Kunst, es bedarf nur etwas Schulung und Beistellung technischer Hilfsmittel und Kleidung. Dem Vernehmen nach lässt das Innenressort mit beachtlichem Zeit- und Kostenaufwand Polizeischüler den Ablauf eines Tierschutzprozesses langzeitig miterleben. Das stärkt meine Hoffnung, der Wunsch ein paar Polizisten auch in freundlicherer Hundebehandlung auszubilden, findet Ihr Wohlwollen.

Nicht wenige Tierfreunde interessiert Ihre Einstellung, sehr geehrte Frau Innenministerin, zu diesem Thema: Beabsichtigen Sie die zur Schonung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen oder möchten Sie das Hundeumbringen weiterhin hinnehmen?

Abseits dieses Hauptpunktes noch eine Nebenfrage: In einem Kurier-Interview behauptet einer der im Fall Kührer kurzfristig Festgenommenen angeblich:

Es hat geläutet. Ich bin zur Türe und hab noch gesagt, ,Ich komme schon’. Da ist mir die Tür schon entgegengekommen. Die Cobra ist hereingestürmt. Es ist alles so schnell gegangen. Die waren gar nicht zimperlich. (Er zieht sein T-Shirt hoch und zeigt einen großen Bluterguss im Rippenbereich). Ich bin am Boden gelegen und konnte mich nicht mehr rühren. Das war brutal.

Da hier faktisch Cobra-Beamten vorgeworfen wird, ihr Einschreiten hätte zu einer Verletzung geführt, möchte ich anregen, die Öffentlichkeit zu informieren, ob es sich tatsächlich so verhalten hat und wenn ja, warum wenn 10 oder 12 Schwerbewaffnete einem vermutlich Halbnackten gegenüberstehen, eine Festnahme nicht ohne Verletzung möglich ist.

Mit vorzüglicher Hochachtung, Erwin Lauppert

Die Frau Innenministerin schweigt.

Aus anima Nr.2/2009, Sommer 2010. Siehe auch www.vegetarier.at