Ungeheure Vorwürfe – Wahlkampf und Gefängnis

Der grüne Nationalratsabgeordneter Pilz zu Untesuchungshaft gegen Tierschützer:

So, langsam geht er los, der Wahlkampf. Ich erspare mir jetzt eine Schilderung der verblichenen Regierung, …. . Das ist …  …. nicht ganz anders. Ganz anders ist eines:

Während die Parteien ihre erste Plakatwelle kleben lassen, sitzen neun Tierschützer seit Monaten im Gefängnis. Von den Vorwürfen gegen sie ist fast nicht übrig geblieben. Aber Polizei und Staatsanwalt wollen jetzt um jeden Preis recht behalten – gegen jedes Recht und gegen jedes Gesetz. Wir leben in einem Rechtsstaat, der plötzlich in einem wesentlichen Detail nicht mehr klar genug von der DDR unterschieden werden kann.__Was ist passiert? Zwei Inhaber einer Bekleidungskette haben sich an die Spitze des Innenministeriums gewandt. Vom Minister bis zum Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit waren ihnen alle gleich zu Diensten. Das Problem war nur: Es gab keinen einzigen schweren Tatverdacht. Es gab nur eines: das Interesse der Geschäftsinhaber, keine Demonstranten vor ihren Filialen zu haben.

Genau darum geht es bei der Versammlungsfreiheit: Auch wenn es wirtschaftliche Nachteile bringt, gehen die Bürgerrechte vor. Von den Ölkonzernen bis zur Agrarindustrie haben das Unternehmer zur Kenntnis nehmen müssen.

Nur in Österreich ist das plötzlich anders. Weil es keine konkreten Haftgründe gab, wurden die Tierschützer einfach zu organisierten Kriminellen erklärt. Der juristische Trick stammt von einem hohen Polizisten. Das politische Drehbuch stammt von der ÖVP.

Wer heute Tierschützer mittels Mafia-Paragraph einsperrt, kann das morgen mit Globalisierungskritikern und Datenschützern tun. Der ÖVP ist das jederzeit zuzutrauen. Aber bis jetzt hat uns unser Rechtsstaat dagegen geschützt.

Im Justizministerium ist man der Meinung, dass den Tierschützern hier Unrecht geschieht. Aber es ist wie bei der Polizei: Der Korpsgeist ist stärker als der Geist der Verfassung.

Neun zu Unrecht eingesperrte Menschen sind ein Grund, nicht einfach zum Wahlkampf über zu gehen. Ich werde den Wahlkampf nützen, um möglichst vielen Menschen zu erzählen, was hier passiert.

Peter Pilz im Wahlbog zur Nationaratswahl ’08, 18.8.2008

http://wahlblog.profil.at/pilz/stories/74/#236