Jagdfreies Grundeigentum

Über die Jagd wurde in der anima schon viel geschrieben, ist sie doch das bevorzugte Feindbild der meisten Tierschützer. Nur eine Minderheit meint, heute in der modernen Jagdwirtschaft seien die größeren Wildriere wie Reh und Hirsch die artgerechtest gehaltenen Nutztiere. Es sei aus Tierschutzsicht widersinnig, gerade gegen die natürlichste qualfreieste Form der Fleischgewinnung anzukämpfen statt gegen die offensichtlich um vieles grausameren Methoden in Massentierhaltung auf engstem Raum, in Langstreckentransport und Schlachthofpraxis. Viel sinnvoller wäre es, gemeinsam mit verständigen Jägern gegen die im Jagdwesen zweifellos gegebenen zahlreichen Missstände anzukämpfen.

Wir wollen hier auf diesen Streit nicht eingehen. Außer Streit steht jedenfalls die gemeinsame Ablehnung des Tötens allein als Freizeitvergnügen, wie etwa das Abschießen halbzahmer Fasane, die dann weggeworfen werden – wer macht sich heute noch die Mühe, Schrotkörner aus toten Vögeln zu klauben?

Ein heißes Eisen ist die Frage der so genannten Schädlinge. Tierfreunde, die mutig für Ratten und Mäusen kämpfen, sind eher selten. Ein Inder, mit dem ich einmal über Hungersnöte in seinem Land sprach, fand es selbstverständlich, dass damals die Nager ein Viertel der Ernte fraßen; auch sie seien Teil der Schöpfung und hätten Lebensrech. Eine Auffassung, die hierzulande wohl auf wenig Verständnis stößt.

Umgekehrt stößt bei vielen heimischen Tierfreunden die Tatsache auf Unverständnis, dass für Land- und Forstwirte Wildtiere gleich Ratten vor allem Schädlinge sind, die reduziert oder gar ausgerottet gehörten. Nicht umsonst behandeln die Jagdgesetze ausführlich die Wildschadensfrage. (Siehe auch die Beiträge auf den Seiten .. und … Das alles nur nebenbei.

Wir wollen hier eigentlich nur über die rechtliche Entwicklung zum Thema Zwangsbejagung berichten. In Österreich und in Deutschland ist das Jagdrecht an sich mit dem Grundeigentum verbunden. Allerdings dürfen es aus praktischen Gründen nur jene Grundeigentümer selbst ausüben, die über größeren zusammenhängenden Grundbesitz verfügen, d.s. in den meisten Bundesländern (Jagd ist Landessache) mindestens 115 Hektar, also etwas mehr als ein km². (Als nach der Revolution im Jahre 1848 teilweise allen Grundeigentümern die Jagd erlaubt wurde, führte dies bald zur Fastausrottung des Wildes). Die kleineren land- und forstwirtschaftlichen Gründe im Gemeindegebiet werden zwangsweise zu Gemeinde- oder Genossenschaftsjagden zusammengefasst. Die Jagdausübung wird im Versteigerungsweg oder freihändig an Pächter, häufig bäuerliche Jagdgesellschaften, vergeben. Der Grundeigentümer erhält lediglich eine finanzielle Entschädigung, den Pachtschilling, und darf (von einer Ausnahme abgesehen) den Pächter und seine Leute am Jagen (und Hegen) nicht hindern.

Nun hat sich vor einigen Jahren in Bayern ein Grundbesitzer, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt (wenn ich nicht irre steht er der Galubensgemeinschaft Universelles Leben nahe) rechtlich gegen diese Zwangsbejagung zur Wehr gesetzt und vor dem Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Recht bekommen.

In einigen Bundesländern haben nun etliche Grundbesitzer gestützt auf die Straßburger Entscheidung bei den Jagdbehörden die Jagdfreistellung ihres Grundes begehrt.

Angumente waren ethischer Natur, Ablehnung der Jagd und der Wildfütterung als unnotigen Eingriff in die Natur – Wildstandsregulierung solle durch Beutegreifer wie Wolf und Luchs erfolgen u.a.

(Anmerkung: Abgesehen davon, dass die „Regulierung“ durch den Wolf erst funktionieren könnte, wenn hundert(e) Wolfsrudel durch Österreich zögen – manche Tierfreunde meinen, dies wäre gesteigerte Tierquälerei. Der Mensch jage dank strenger Jagdgesetze nur während der meist kurzen Jagdzeit, das ganze übrige Jahr, während der Schonzeit, habe das Wild Ruhe. Anders verständlich die Raubtiere. Das Wild, auch die Mutter, die gerade ihr Kind geboren hat, müsste ständig in Angst und Furcht leben. Und das Verbot der Wildfütterung sei nur ein schöneres Wort für „im Winter verhungern lassen“.

Behordliche Entscheidungen über die Freistellungs begehren sind unseres Wissens bislang nicht gefallen, doch wurde auf einen Ausweg verwiesen: Wenigstens nach einigen Jagdgesetzen ruht die Jagd über Anzeige/

Antrag auch auf „umfriedeten“ land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken. Umzäunt also der Eigentümer seinen Grund, ist er auf Wunsch jagdfrei. Teils verlangen die Gesetze schalenwildsichere Umfriedung (NÖ – Schalenwild sind Reh, Hirsch und Gams), teils fehlt eine Präzisierung; – die landesüblichen Viehzäune reichen nirgends.

Diesen Ausweg wollen die Jagdgegner jedoch nicht gehen. Zäune schränkten den Freiraum des Wildes ein und seien gefährlich; und außerdem viel zu teuer. (Die Materialkosten für einen schalenwildsicheren Zaun dürften um die 2 € liegen, also für ein zehn Hektar großes Grundstück je nach Gestalt um die 3.000 € liegen, auf 10 Jahre aufgeteilt bei 300 € jährlich).

Der Rechtsstreit dürfte also bis zu den Höchstgerichten gehen. In ein paar Jahren werden wir Gewissheit haben.

Erwin Lauppert

(aus anima Nr.3/2015)